„Ich wäre ein guter Präsident”
Arnold Schwarzenegger

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Thal ist in Aufruhr an diesem sonnigen Samstag, denn sein berühmtester Bürger hat sich angekündigt. Arnold Schwarzeneggers Freunde machen sich auf den Weg in dessen Geburtshaus, das heute das Schwarzenegger-Museum ist. Hier sind die Stationen seiner unglaublichen Karriere nachgezeichnet: Vom Steierbuam, der zum Inbegriff des „American Dream“ wurde, zum gefeierten Hollywoodstar und Gouverneur von Kalifornien. Vor der Tür steht eine fast drei Meter hohe Statue seines gestählten Körpers in Bronze, nachts wird sie anstrahlt. Arnolds Schulfreund Peter Urdl kontrolliert, ob auch genügend Zirbenschnaps da ist. „Den trinkt er besonders gern“, erklärt er, während sich der Holztisch langsam füllt.

Dann trauen Besucher der Gedenkstätte ihren Augen nicht, denn Arnie himself betritt mit Lebenspartnerin Heather die Stube, in dem noch sein Original-Bett steht, schüttelt freundlich Hände und lacht sein Siegerlächeln in Dutzende Handykameras. Eineinhalb Stunden lang sitzt die steirische Runde dann ungestört beieinander. Man trinkt „Zirberl“ und scherzt, man erzählt einander, was passiert ist. Arnold stellt Fragen und hört zu. Unser Interview findet dann auf der Terrasse des „Waldcafes“ statt. In dem roten Ruderboot, das am Ufer des Thaler Sees gestrandet ist, hat der „Terminator“ 1985 Maria Shriver, der Prinzessin aus dem Kennedy-Clan, seinen Heiratsantrag gemacht. Arnold zündet sich noch schnell eine Monte Christo Nummer 2 an, dann kann es losgehen.

Arnold, sollen wir Englisch oder Deutsch reden?
Lieber Englisch, wenn es dir nichts ausmacht. (Tatsächlich spricht Arnold Schwarzenegger, der vor 55 Jahren in die USA ausgewandert ist, entweder Englisch oder Steirisch, aber ganz selten Hochdeutsch.)

Du bist heute überraschend aus London gekommen, wo du in der „Royal Albert Hall“ eine „Motivation Speech“ gehalten hast. Wie viel kostet sowas?
Durchschnittlich 500.000. Manchmal ein bisschen weniger und manchmal auch eine Million Dollar. Das war zuletzt der Fall, als ich mit Bill Clinton eine Rede in Nigeria gehalten habe.

Dann bleiben wir gleich beim Thema. Wie wichtig ist Geld?
Überhaupt nicht wichtig. Geld bestimmt in Wahrheit nur deinen Marktwert. Ich habe genug davon, ich brauche keines mehr! (Lacht.) Meine ersten Millionen habe ich mit Immobilien verdient. Ich war deshalb nie darauf angewiesen, Filme zu drehen oder gewisse Rollen anzunehmen, nur wegen des Geldes. Ehrlich gesagt, denke ich nie darüber nach. Wenn ich an Dinge denke, die mich am meisten begeistern, würde ich sagen, dass Geld nicht unter den Top 10 liegt.

Das sagt sich natürlich leicht, wenn man Geld hat.
Das stimmt schon. Trotzdem ist mein Rat, nie etwas nur für Geld zu machen. Sondern seiner Leidenschaft zu folgen. Dann folgt nämlich auch das Geld. Nehmen wir meinen Film „Twins“, mit dem ich ins Comedy-Genre gewechselt bin. Dafür habe ich kein Geld genommen, und es wurde der erfolgreichste Film, den ich je gemacht habe. So habe ich letztlich dreimal so viel Geld verdient.

Wir treffen uns heute in Thal, wo du geboren und aufgewachsen bist. In deinem neuen Buch schreibst du auch über deine Kindheit, über schöne und schwierige Momente. Stimmt es, dass der Titel eigentlich von deinem Vater stammt?
Genau. (Schwarzenegger wechselt jetzt ins Steirische) Mein Vater hat nicht verstanden, warum ich Bodybuilder werden wollte. „Schau dir doch den László Papp an“, - das war der ungarische Box-Europameister - „der hat seine Muskeln vom Holzhacken!“ Die Frau, die neben uns wohnte, war 80. Mein Vater sagte: „Hilf ihr mit dem Holzhacken, oder schaufel ein bisschen Kohle für sie! Sei nützlich und denk nicht immer nur an dich selber!“ So ist der Titel des Buchs entstanden. „Be Useful“ - sei nützlich.

Dein Vater hat dich auch geschlagen. War Bodybuilding der Weg raus aus dem Elternhaus?
(Arnold wechselt jetzt wieder ins Englische) Mein Vater hat mich nicht unterstützt in dem, was ich wollte, er war dem Sport gegenüber negativ eingestellt. Aber ich habe ihn geliebt. Und es war okay, weil ich dadurch nach jemandem Ausschau gehalten habe, der dem Bodybuilding positiv gegenüberstand. Es war der vierfache „Mr. Austria“, Kurt Manul. Und dann wurde ich in dieser Welt der Gewichtheber und Bodybuilder aufgenommen, die nicht die Welt meiner Eltern war. Das war großartig. Wir reisten nach Knittelfeld, Bruck und Leoben. Ich war Teil dieser Familie und hatte plötzlich eine Bestimmung im Leben. Ich wusste, dass ich trainieren muss, um besser zu werden, um Sieger zu sein. Ich hatte eine Vision.

Die erste von sieben Regeln in deinem Buch: Hab eine klare Vision. Wie hast du sie gefunden?
Meine Vision war Reg Park, der Held der „Herkules“-Filme. Das Magazin mit Reg Park auf dem Cover habe ich mindestens zwanzigmal gelesen, von der ersten bis zur letzten Seite. Immer wieder. Reg Park stammte aus der Fabrikstadt Leeds, nicht gerade ein Ort, wo Menschen berühmt werden. Ich dachte, das ist wie Graz. Und folgte seinem Trainingsplan. Er hat fünf Stunden täglich trainiert. Damit wurde er „Mr. Great Britain“ und dann „Mr. Universe“. Ich bin einfach seinen Weg nachgegangen. Später, als ich im Showbusiness Fuß fasste, habe ich mich daran erinnert, was mich zu einem Bodybuilding-Champion gemacht hat. Es war eine Vision und der Spaß, ihr zu folgen.

Wem bist du da gefolgt?
Clint Eastwood und Charles Bronson. Die haben damals eine Million Dollar pro Film verdient. Ich stellte mir das für mich genauso vor. Und dann verbrachte ich fünf Stunden am Tag damit, das akzentfreie Sprechen, das Schauspielen und Stunts zu erlernen. Jeden Tag fünf Stunden. Und dann schwörte ich mir, nicht auf die Neinsager zu hören. Ich hatte ihre Sätze noch im Ohr: „Du wirst im Bodybuilding niemals viel erreichen.“ Aber ich habe es geschafft, weil ich nicht auf sie gehört habe. Nun sagten sie: „Mit deinem Körper und deinem Akzent wirst du es in Hollywood nie zu etwas bringen.“ Das war alles falsch. So sind meine sieben Regeln für dieses Buch entstanden.

Solche Bücher gibt es aber wie Sand am Meer. Was unterscheidet dein Buch davon?
Es funktioniert bei jedem. Wer meinen sieben Prinzipien folgt, wird kein zweiter Schwarzenegger, aber er wird glücklicher und erfolgreicher. Und das ist doch, was jeder will, nicht wahr?

 

 


Worum geht es dann im Leben?
Kennst du das auch? Du hörst etwas, aber du bist noch nicht bereit, es zu verstehen. So war es bei mir. Mein Stiefvater Sargent Shriver sprach einmal davon, dass man aufhören sollte, immer in den Spiegel zu schauen, dass man den Spiegel zerbrechen sollte. Für mich hatte der Spiegel eine doppelte Bedeutung. Als Bodybuilder musste ich dauernd in den Spiegel schauen und glaub mir, ich habe nie geliebt, was ich da gesehen habe! Dieser Spiegel war eine Metapher. Was „Sarge“ gemeint hat, war: Wenn du den Spiegel zerbrichst, dann siehst du über dich und deine Probleme hinaus, dann wirst du erst die vielen Menschen sehen, die deine Hilfe brauchen. Darum geht es im Leben: Etwas zurückzugeben. Darauf hat sich in den letzten Jahrzehnten auch mein ganzes Tun gerichtet. Zuerst sind wir ganz mit uns selbst beschäftigt und wir bauen uns eine Karriere auf. Aber ab einem gewissen Punkt sollten wir einsehen, dass wir viel Hilfe gebraucht haben, um das alles zu schaffen. Dass viele Menschen uns dabei unterstützt haben. Dann ist es Zeit, hinauszugehen und dasselbe für andere zu tun.

Was war der Moment, in dem das Zurückgeben wichtiger wurde als die Karriere?
Das war schon in den Achtzigern, als ich mit „Special Olympics“ gearbeitet habe. In den Neunziger Jahren, während des Präsidentschaftswahlkampfs, flog ich mit George W. Bush, der mich fragte: „Was möchtest du abseits der Schauspielerei eigentlich noch anderes machen?“ Ich habe gesagt: „Ich möchte Menschen helfen.“ Er wurde Präsident, ich drehte gerade „Total Recall“ in Mexiko, da rief das Weiße Haus an. „Der Präsident möchte, dass Sie den ‚President‘s Council on Sports, Fitness and Nutrition’ übernehmen.“ Ich habe gesagt: „Das ist fantastisch.“ Und hatte sofort meine Vision: Ich wollte in jeden Bundesstaat der USA reisen und für mehr Fitness und mehr Sport in Schulen werben. Gleichzeitig drehte ich „Terminator 2“. Danach ging ich auf Tour, reiste durch zwölf Bundesstaaten, dann drehte ich einen weiteren Film und reiste in zwölf weitere Bundesstaaten und so weiter. Schließlich hatte ich alle 50 Bundesstaaten besucht. Das verschaffte mir eine enorme Menge an Erfahrung und Wissen über Politik und darüber, wie man Menschen zusammenbringt. Bush sagte immer: „Denk nicht an Republikaner, Demokraten oder an all diesen Kram. Bring die Menschen zusammen. Das ist die einzige Möglichkeit, etwas zu erreichen.“

In Israel herrscht seit dem 7. Oktober Krieg. Siehst du einen Ausweg?
Kriege sind nichts Neues. Es gab sie in der Vergangenheit und es wird sie in Zukunft geben. Dahinter stehen immer Probleme, die wir lösen müssen. Und dafür gibt es nur eine einzige Möglichkeit: Man muss immer beide Standpunkte sehen. In der Ukraine genauso wie in Israel. Russland war besorgt, dass die Ukraine ein weiteres NATO-Land wird. Das muss man verstehen. Gleichzeitig hat die Ukraine das Recht, als unabhängiges demokratisches Land zu existieren. Das Gleiche gilt auch für Israel und die Palästinenser. Israel hat das Recht, zu existieren, ohne Massaker und Terror. Gleichzeitig haben die Palästinenser das Recht, Israels Nachbar zu sein. Das ist für beide Seiten schwer zu akzeptieren. Deshalb muss jemand die beiden Seiten wieder zusammenbringen. Wie Bush sagte: Es ist die einzige Möglichkeit, etwas zu erreichen.

Wer sollte das sein?
Jimmy Carter konnte seinerzeit Friedensverhandlungen im Nahen Osten erreichen. Er war kurz davor, aber dann wollte Arafat keine Lösung. Und so zog es sich dann noch einige Jahrzehnte hin. Das Fazit ist: Jemand muss sich nach vorne wagen, jemand, der Energie, Intelligenz, eine historische Vision sowie politische und religiöse Kenntnisse besitzt. Es bräuchte einen Charakter wie John F. Kennedy, der zur Tür hereinkommt und Menschen sofort zusammenbringt. Dieser Jemand muss den „Sweet Spot“ treffen.

Den „Sweet Spot“?
Im Tennis ist eines der schwierigsten Dinge, den Sweet Spot zu treffen. Das bedeutet, dass der Ball genau in der Mitte des Netzes landet. Beim Golf ist es genauso. In einer Verhandlung gibt es auch diesen Sweet Spot. Die Frage ist: Wer betrachtet das wirklich neutral und versteht trotzdem, dass der Angriff der Hamas ein barbarischer Akt war? Vielleicht sollten wir die Künstliche Intelligenz mit allen Informationen füttern und sie findet die Institutionen und Menschen, die dazu in der Lage sind. Es eilt. Denn jeden Tag werden mehr unschuldige Menschen getötet.

Du warst acht Jahre lang Gouverneur von Kalifornien. Fehlt nur noch der Präsident der Vereinigten Staaten.
Das würde ich sehr gerne sein. Für mich wäre es einfacher als für jemanden, der noch nie einen Wahlkampf gemacht hat oder das ist, was ich eine „Schlaftablette“ nenne. Allein schon wegen der Bekanntheit - Politik ist wie Schauspielerei. Wenn die Leute nicht wissen, wer du bist, dann musst du das erst aufbauen. Und das kostet Hunderte von Millionen, wenn nicht Milliarden von Dollar. - Denkt kurz nach. - Ich wäre ein guter Präsident. Aber ich kann nicht kandidieren, also vergessen wir das.

Wird Donald Trump es noch einmal schaffen?
Nein. Ich denke, er könnte von den Republikanern nominiert werden. Aber das reicht nicht, um zu gewinnen. Ich denke, er könnte 33 Prozent bekommen. Aber er braucht 50 Prozent.

Bist du froh?
Wir haben ja gesehen, wozu es geführt hat. Tatsächlich wäre ich froh, wenn wieder Junge an die Macht kämen. Die amerikanische Politik braucht frisches Blut.

„Frisches Blut“ ist ein gutes Stichwort: Denkst du manchmal über dein Alter nach?
Nur, wenn ich plötzlich Rückenschmerzen habe. Oder meine Knie beim Skifahren weh tun. Aber meistens kommt es in meinen Gedanken gar nicht vor. Es ist ganz unwesentlich.

Was siehst du heute, wenn du in den Spiegel schaust?
Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich immer ein nächstes Ziel. Als Bodybuilder habe ich festgestellt: Meine hinteren Deltamuskeln sind nicht ausreichend entwickelt. Also muss ich eine Übung finden, die sie formen. Selbst als ich 1975 in Südafrika „Mr. Olympia“ wurde, schaute ich in den Spiegel und sagte zu mir selbst: „Dieser Körper sieht beschissen aus. Ich benötige mehr Schultern, mehr Bizeps und so weiter.“ Aber genau das ist es, was mich immer hungrig gemacht hat, warum ich immer weitergearbeitet habe. Deshalb habe ich in meinem Buch das Beispiel von Sir Edmund Hillary verwendet, der Mann, der den Mount Everest erstbestiegen hat. Er sah einen Gipfel und sagte nicht: „Oh endlich, ich bin hier, das war mein Ziel.“ Nein. Er sah einen anderen Gipfel und verfolgte diesen. Und so war mein Leben. Ich sah immer einen anderen Gipfel. Ich glaube, das macht meine Begeisterung aus und lässt mich Spaß im Leben haben. Ich fühle mich so, als würde ich wirklich leben, statt nur zu existieren.

Wird Präsident der USA der einzige Gipfel sein, den du nicht erklimmen kannst?
Ja, aber ich habe mich nie darüber beschwert. Denn alles andere, was ich in meinem Leben erreicht habe, verdanke ich Amerika. Es hat mich mit offenen Armen aufgenommen. Warum sollte ich mich also über das Einzige beschweren, das ich in diesem Land nicht schaffen kann?

Arnold, du hast in Kalifornien ein paar ungewöhnliche Haustiere. Wie kam es dazu?
Nach meiner Scheidung habe ich mir einen Esel und das Mini-Pony angeschafft. Dann gibt es noch ein Schwein und wir haben auch drei Hunde. Das Schwein schläft mit dem kleinen Hund im Haus, Esel und Pony haben einen Stall. Alle laufen im Haus herum, wir frühstücken gemeinsam, wir essen Kekse gemeinsam, das ist überhaupt kein Problem.

Hattest du als Kind ein Haustier?
Wir hatten Katzen, „Tiger“ und „Mucki“. Da fällt mir eine Geschichte ein. Tatsächlich hat mich meine Mutter einmal geschlagen und ich habe im Reflex zurückgeschlagen. Da war ich ungefähr zehn Jahre alt. Da sprang mich der schwarze Kater an und zerkratzte mein Gesicht. Wir beide, meine Mutter und ich, mussten lachen. Das lockerte die Situation auf. Ich konnte nicht glauben, wie sehr „Mucki“ meine Mutter beschützte. Und wie ein gemeinsames Lachen oft alles wieder gutmacht.

 

4. November 2023, erschienen in der KRONE