Die ehemalige Muslimin Sabatina James wird mit Mord bedroht, seit sie sich gegen die Zwangsheirat gewehrt hat. Bis heute ist die 28-Jährige auf der Flucht.
„Bitte, schreiben Sie nicht meinen richtigen Namen. Sonst kriege ich ein großes Problem mit meiner Sicherheit.“ Seit Sabatina James bei Markus Lanz im ZDF ihre Geschichte erzählt hat, wird sie auf den Straßen erkannt. Gegen die 28-jährige österreichische Staatsbürgerin gibt es immer wieder Morddrohungen, deshalb genießt die gebürtige Pakistanerin Opferschutz der deutschen Polizei. Sabatina James ist nicht ihr richtiger Name. Es ist ihre neue Identität, seit sie sich der Zwangsverheiratung mit ihrem Cousin und den ihrer Meinung nach frauenfeindlichen Regeln des Islam widersetzt hat und zum Christentum konvertiert ist. Wir erreichen Sabatina James in der Wohnung einer Freundin. Im Interview mit dem KURIER spricht sie Tabuthemen an, die die „Political Correctness“ verbietet: Islamisierung, Zwangsehen, sogenannte Ehrenmorde. „Mitten in Europa werden Frauen aus islamischen Ländern noch immer eingesperrt, an wildfremde Männer verkauft, manchmal sogar, wie gerade in Hamburg geschehen, getötet“, sagt die streitbare ehemalige Muslimin, „das ist es, wogegen ich kämpfe.“
Wie und wo leben Sie heute?
Sabatina James: Ich weiß eigentlich gar nicht, wo ich zuhause bin.
Zuletzt habe ich in Mannheim gewohnt, bis es auch da zu gefährlich
wurde, weil in der Moschee schon über mich getuschelt wurde. Ich habe
dort einem Mädchen geholfen, das von ihrem Vater blutig geschlagen und
als Haussklavin gehalten wurde. Wo ich als nächstes hingehe, weiß ich
noch nicht . . .
Sie waren mit vielen Vorwürfen konfrontiert, unter anderem wird von
Internet-Bloggern noch immer behauptet, Sie seien in Wahrheit zweimal
verheiratet gewesen und hätten Brautgeld kassiert.
Diese Lügen stammen von Menschen, die auf unterstem Niveau vom Thema
ablenken wollen. Es stimmt auch nicht, dass ich die Moslems hasse. Ich
liebe die Moslems, ich liebe Pakistan, aber ich kämpfe dagegen, dass
dort Frauen- und Menschenrechte mit Füßen getreten werden.
Nacktfotos, die das Magazin „News“ 2003 veröffentlicht hat, waren nicht
gerade hilfreich.
Das waren keine Nacktfotos. Man sah meine Brüste, na und? Dafür schäme
ich mich nicht. Ich bin damals eben an die Grenzen meiner Freiheit
gegangen. Ich hab’ Minis so schmal wie ein Gürtel getragen. Und
schließlich das Angebot eines Fotografen angenommen, solche Bilder –
nur für mich privat – zu machen. Dann wurden diese Fotos gegen meinen
Willen veröffentlicht. Auch das lenkte wunderbar vom Thema ab.
Ist das der Grund, warum Sie heute in Deutschland leben?
Nein. Nach Deutschland bin ich gegangen, weil ich mich in Österreich
sowas von hilflos gefühlt habe. Als ich zur Polizei ging und den Beamten
sagte, dass ich in Pakistan zwangsverheiratet werden sollte, dass meine
Eltern mir mit Mord gedroht haben, weil ich zum Christentum konvertiert
bin, meinte der Polizist: Na, dann werden’s halt wieder Moslem! Diesen
Satz werde ich nie in meinem Leben vergessen. Österreich hat mich nicht
beschützt. Und ich kann mir vorstellen, wie es ganz vielen anderen
muslimischen Frauen geht – nicht nur in Österreich.
Sie geben gern dem Islam die Schuld an der Situation dieser Frauen.
Damit beleidigen Sie doch Menschen, die aus Überzeugung diese Religion
leben – weltweit immerhin fast 2 Milliarden.
Ich beleidige niemanden, denn ich bin nicht verantwortlich dafür, wie
Menschen verstehen möchten, was ich sage.
Für mich persönlich sind
Muslime wertvolle Menschen, aber wenn im Islam nicht endlich Reformen
passieren, dann ist diese Kultur mit der westlichen Kultur nicht
kompatibel.
Sind nicht einzelne Fanatiker das Problem, die die Religion für ihre
Zwecke missbrauchen?
Wenn es einzelne Fanatiker wären, dann hätten wir nicht Millionen
Frauen, die in einer Zwangsheirat leben.
Dann könnte es nicht sein, dass das gesellschaftliche Ansehen, die
Familienehre mehr wert ist das als Leben einer Tochter. Meine Eltern
sind weder Terroristen noch Tyrannen. Trotzdem wurde ich geschlagen und
mit dem Tod bedroht, weil ich mich ihren Vorstellungen und
gesellschaftlichen Zwängen widersetzt habe.
Wie sollte mit solchen Eltern Ihrer Meinung nach umgegangen werden?
Ich habe das im Deutschen Bundestag bereits gesagt. Die Politik sollte
endlich eine Studie in Auftrag geben über die wahre Situation der
muslimischen Mädchen. Denen geschieht einfach Unfassbares, weil sie
schon im Kindesalter verheiratet werden. In Deutschland geht man von
über 1000 Zwangsheiraten im Jahr aus, die Dunkeziffer ist weit
höher. Und das in einem westlichen Land! Solche Eltern gehören
meiner Meinung nach ausgewiesen.
So spricht in Österreich Heinz Christian Strache. Spielen Sie da
Handlangerin für das rechte Lager?
Ganz bestimmt nicht, denn ich zweifle an Straches Motivation. Das würde
ich eigentlich von SPÖ und ÖVP erwarten, dass sie sich dieses Themas
annehmen. Das werfe ich den regierenden Parteien bei euch in Österreich
vor: Dass ihnen außer politisch korrekte Zurückhaltung und
Beschwichtigungen nichts einfällt, obwohl sie den Ernst der Lage
kennen. Sie treten gegenüber den Migranten ohne jedes Selbstbewusstsein
auf, kein falsches Wort kommt ihnen aus Angst vor Rassismus über die
Lippen, alle kuschen sie doch vor dem Islam!
Was würden Sie sagen?
Ganz klar und unmissverständlich: Liebe Moslems, wir freuen uns, dass
ihr gekommen seid. Aber bei uns gibt es Gesetze, und wenn euch die nicht
passen, dann bitte, ab zurück nach Hause. Ich sage das auch auf die
Gefahr hin, dass das jemand ausländerfeindlich findet. Viel
rassistischer ist meiner Meinung nach ein System, das unvorstellbares
Leid von Millionen Frauen zulässt.
Dann sind Sie sicher auch für das Minarettverbot, das die Schweizer
beschlossen haben.
Ja, das finde ich richtig. Weil zur Religionsausübung keine Minarette
notwendig sind. Vielmehr sollten die westlichen Länder dem „Tötet die
Ungläubigen“ des Islam die stärkere Botschaft, unser „Liebe deinen
Nächsten“ entgegensetzen.
Sabatina, was war bei ihnen der Moment, wo Sie wussten, dass das nicht
Ihre Welt ist, dass Sie ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben führen
wollen?
Das war, als ich in Pakistan war, dort hatten wir eine Nachbarin mit
vier Töchtern. Ich hörte diese Frau jeden Tag schreien, wenn ihr Mann
sie wieder einmal brutal geschlagen hatte.Ich wollte rüber, ihr helfen,
aber meine Tante sagte, das würde nichts ändern. Ich wusste: Das ist
Unrecht, das werde ich niemals zulassen. Aber mich quälten auch Zweifel,
ob ich vielleicht nach etwas strebte, nur weil ich es nicht haben kann.
Was war das schlimmste Erlebnis, als Sie in Pakistan, mit gerade einmal
17 Jahren, gefügig gemacht werden sollten?
Dass meine Eltern mich der Sexualität meines Cousins ausgesetzt haben –
diese Männer zitieren den Koran doch nur, wenn es ihnen was nützt! Und
am Ende ist die Frau schuld, denn sie ist ein schmutziges, teuflisches
Wesen und hat ihn verführt. So lautet in etwa das Frauenbild, das in
manchen Koranschulen unterrichtet wird.
Fragen Sie sich nicht manchmal, ob sich das alles gelohnt hat?
Doch, sehr oft. Ich möchte dann einfach nach Hause fahren und aufgeben.
Aber wenn ich an die Mädchen denke, die sich mir anvertraut haben, die
mich brauchen, die ich mit meiner Organisation beschützen kann, dann
gehe ich meinen Weg weiter. Obwohl nur ich und Gott wissen, wie das ist,
zehn Jahre lang ohne Familie zu leben.
Was möchten Sie Ihrer Familie sagen, wenn Sie die Möglichkeit hätten?
Dass ich sie über alles liebe.
29. Mai 2010, erschienen im KURIER